Restaurant-Tipp: Die Sinne schärfen – Ein fantastisches Erlebnis

Schnell ein Brot schmieren, Spaghetti auf die Gabel rollen, oder Nudeln und Suppe auf den Löffel schaufeln. Alles nicht so schwer? Das ist wahr. Aber was, wenn man wirklich nichts sieht und mit Besteck und Essen umgehen muss?

Auf einem kurzen Tripp nach Wien haben wir eine ganz herausragende Erfahrung gemacht. Im speziellen Restaurant „Vier Sinne“ haben wir ein ganz besonderes Menü erlebt – ein Dinner im absolut Finsteren.

Wie lauft so ein Date im Dunklen also ab? Man kommt in dieses Lokal und als allererstes gibt man seine Tasche ab. Dies beinhaltet vor allem auch das Handy und eine eventuelle digitale Uhr (Das Motto ist: alles was leuchtet muss weg). Das hat uns schon ein bisschen nervös gemacht, denn wir haben uns da schon gefragt wie dunkel es wirklich wird und wie wir da wohl essen sollten.

Den Aperitif gibts auf jeden Fall noch im Hellen. Was es zu Essen geben wird, weiß man nicht. Aber man braucht sich keine Gedanken machen, wenn man Allergien hat, Vegetarier oder Veganer ist, oder etwas gar nicht mag. Man kann im Vorhinein alles auf einer Liste angeben. Wir erfüllen nichts von „Ausschlussgründen“ und so waren wir in voller Bandbreite gespannt was uns erwartet.

Der Weg in den hinteren Raum konnten wir noch alleine meistern, aber hinter einem dicken Vorhang wurde es schwierig. Einer von zwei blinden Kellnern hat uns abgeholt und in einen Raum geführt, der absolut dunkel war. Es war absolut nichts zu sehen, ich hatte keine Ahnung in welche Richtung ich gegangen bin und wo ich mich befunden habe, geschweige denn wie dieser Raum aussah oder wie groß er eigentlich war. Nachdem ich dem Kellner unsere Tischnummer genannt hatte, hat er mich zielsicher dorthin geführt und gesagt: Setz dich, es ist eingedeckt, den Rest erkunde selbst.

Das war leichter gesagt als getan. Mein Freund und ich haben uns langsam auf dem Tisch vorgetastet, Besteck, Glas und Servietten erfühlt, den Brotkorb gefunden und …..iiiiiiihhhhh….mitten ins Wasser gegriffen. Eine kleine Schüssel mit Wasser stand auf unserem Tisch um unsere Finger zu säubern, sollte man ins Essen greifen müssen – und so viel sei Vorweg genommen – wir haben das Wasser gebraucht.

Unser Kellner hat uns dann eine Karaffe Wasser gebracht und uns gleich dazu angehalten selbst einzuschenken. Die größte Frage dabei: Wo endet das Glas und wann gieße ich den Tisch? Aber mit ein klein wenig Übung und ein bisschen Fingereinsatz im Glas konnten wir dann aber recht souverän mit dem Einschenken umgehen.

Der Kellner hat dann auch Wein und Bier serviert und sich dabei auch entschuldigt, wenn er immer wieder bei uns anstreift und uns berührt. Er muss das so machen, da dies seine Orientierung am Tisch ist.

Der erste Gang wurde serviert mit den Worten: Das obere in das Untere gießen…Einfacher gesagt als getan. Aber geschmacklich waren wir uns schnell einig: Mozzarella mit Pesto und Tomaten. Viel Fingerarbeit später haben wir die Schale geleert und waren schon gespannt wie es weitergehen würde.

Schon vor dem Hauptgang haben wir eines feststellen müssen: Es war soooo dunkel in diesem Raum, dass die Augen richtig angestrengt waren. Sehr oft haben wir die Augen zugemacht, auch wenn dies keinen Unterschied gemacht hat, aber man hatte das Gefühl, dass die Augen immer wieder versucht haben etwas zu fokussieren, was in dieser Dunkelheit absolut unmöglich war.

Die Hauptspeise war unser größtes Diskussionsthema. Erstens war es wirklich herausfordernd rauszufinden wo auf dem Teller das Essen lag, und wie man das Fleisch am besten schneidet, wenn man nicht sieht, wo man schneidet und andererseits waren wir uns ob des Fleisches nicht sicher, was wir da eigentlich essen. Am Ende waren wir uns sicher, dass es ein Rinderfilet war mit Gemüse, Kartoffeln und einer Soße.

Als kleiner Gruß des Hauses gab es Eis mit Brause, die im Mund geploppt hat, das hat thematisch wirklich gut gepasst, weil man da wirklich auf den Geschmack geachtet hat und nicht gesehen hat, wie das Essen eigentlich aussieht.

Als Nachtisch gab es noch eine Schokocreme mit Himbeerspiegel, auch hier waren wir uns einig.

Den Raum durften wir auch nach Beendigung des Dinners nicht sehen, da es die Illusion zerstört hätte und das fanden wir auch durchaus super gut.

Die beiden Kellner haben uns dann noch Rede und Antwort gestanden und uns erklärt wie sie sich so sicher und ohne Probleme durch den Raum bewegen konnten, ohne zusammenzustoßen oder alles niederzurennen. Routine und gewisse akustische Zeichen sind dabei das Wichtigste.

Wir durften am Ende auch noch sehen, was wir gegessen haben und da gabs den größten Aha-Effekt: Wir hatten kein Rind, sondern Huhn. Das hätten wir am wenigsten gedacht – aber das hat uns auch erkennen lassen, dass wir sehr viel mit den Augen essen und nicht nur der Geschmack vorherrschend ist.

Fazit: Ein toller, unvergesslicher Abend, der einfach nur zu Empfehlen ist. Man muss sich zwar wirklich in die Hände von anderen geben, da man selbst sehr unbeholfen ist, aber wer keine Angst davor hat, und wer sich auch auf ein Experiment einlassen will, der ist hier sicher richtig. Für uns ist es immer noch ein Abend, an den wir uns gern erinnern.

Eine Antwort auf „Restaurant-Tipp: Die Sinne schärfen – Ein fantastisches Erlebnis

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  1. Getrunken hätt ich wahrscheinlich nicht viel, wegen dem Pipigehn 🙂
    Irgendwann machen wir beide das auch, mein allerliebstes Nichtchen.
    Pusssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu

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